Kopfbild

Colloquium: Deutsche Grammatik

Di 16:00-17:30, Raum 1.401 (DOR 24)
BA und Master Linguistik

Kurzbeschreibung

In dieser Veranstaltung können Studierende im BA oder MA Themen, an denen sie arbeiten, vorstellen. Außerdem gibt es Gastvorträge von Wissenschaftlern und Vorträge von Mitarbeitern, die ihre Projekte, Dissertationen oder Habilitationen vorstellen bzw. über den aktuellen Stand berichten.

Vorträge

28.11.2017: Nadine Vollstädt

12.12.2017 Bob Borsley (University of Essex): The Welsh of Jesus and Job: Verb-second in Middle Welsh

Welsh has always been a VSO language with the verb before the subject in all kinds of finite clause. But in Middle Welsh, affirmative main clauses normally show verb-second order with some constituent, possibly the subject, preceding the finite verb. One might try to account for the facts with a constraint requiring the verb in an affirmative main clause to have a non-empty SLASH value. Such a constraint is fairly successful, but it faces some problems. In particular, there are certain grammatical affirmative main clauses in which there is no reason to think that the verb has a non-empty SLASH value. It seems that a range of elements can appear in sentence-initial position in an affirmative main clause but not a morphologically finite verb. This suggests a negative constraint requiring the first daughter of such a clause to not be a morphologically finite verb. This approach appears to have a problem with topic-drop sentences on the assumption that they do not involve an empty topic. However, there is evidence that Welsh has a three way distinction with simple main clauses, complement clauses, and unbounded dependency constructions having different properties. The verb-second constraint can be limited to simple main clauses. With this restriction, topic drop sentences are no problem for the constraint even if they do not involve an empty topic.

16.01.2017: Marc Felfe (HU Berlin)

16.01.2017: Joachim Jacobs (Universität Wuppertal)

Wird ins nächste Semester verschoben. Modalpartikeln wie ja oder doch und andere expressive Elemente, z.B. sprecherorientierte Adverbiale wie offen gesagt, sicherlich oder gottseidank, sind semantisch/pragmatisch von der Fokus-Hintergrund-Struktur (FHS) getrennt. Das zeigt sich darin, dass ihre Bedeutungen weder eng fokussiert noch Teil eines weiten Fokus oder des Hintergrunds einer FHS sein können. Ich schlage eine Erklärung vor, die auf den unabhängig begründeten Annahmen a) und b) beruht:
  1. Die Sprechereinstellung, die expressive Elemente zur Satzbedeutung beitragen, sind in der gebrauchskonditionalen (im Gegensatz zur wahrheitskonditionalen) Ebene der semantischen Struktur zu lokalisieren und können deshalb nicht im Skopus von Operatoren stehen, vgl. Potts (2005), Gutzmann (2015).
  2. Eine FHS ist immer im Skopus mindestens eines Operators, nämlich von Operatoren wie nur, mit denen sie lexikalisch assoziiert ist, oder in dem eines gebrauchskonditionalen Operators, der Diskurs-Effekte der Fokussierung repräsentiert.
In Verbindung mit einem spezifischeren, aber ebenfalls unabhängig begründeten Constraint für addressaten-orientierte Expressiva folgen aus diesen Annahmen die Symptome der Getrenntheit expressiver Bedeutungen von der FHS.

Mögliche Gegenevidenz stellen betonte Verwendungen von ja, doch und wohl dar, die einen ähnlichen Effekt wie Verum-Fokus haben. Aber die in diesen Verwendungen auftretenden Partikelvarianten haben eine Bedeutungskomponente, die auf die wahrheitskonditionale Ebene der semantischen Struktur zu beziehen ist und deshalb im Skopus von Operatoren liegen kann. Damit kann sie auch Eingang in die FHS finden.

Potts, Christopher (2005): The Logic of Conventional Implicature. Oxford U. P.
Gutzmann, Daniel (2015): Use-conditional Meaning. Studies in Multidimensional Semantics. Oxford U. P.

30.01.2017: Robert Fritzsche (MA-Arbeit, HU-Berlin)

30.01.2017: Elodie Winckel (DFG-Projekt/Dissertation, HU-Berlin)

13.02.2017: Hubert Haider (Universität Salzburg): Endstation 'SVO'? Warum viele Sprachen zu SVO-Sprachen werden und viele 'SVO'-Sprachen keine sind.

SVO, verstanden als Grammatiktypus mit strikt kopf-initialen Phrasen und strukturell eindeutig definierter, präverbaler Subjektsposition, scheint ein Konvergenztypus im Sprachwandel zu sein: Innerhalb der indogermanischen Familie gehören alle romanischen und nordgermanischen Sprachen diesem Typus an. Die jeweilige Abstammungssprache war keine SVO-Sprache, weder das Lateinische noch das Altgermanische. Für diachrone Entwicklungen in die Gegenrichtung gibt es keinerlei Evidenz. Es sind keine Sprachfamilien bekannt, die sich gegenläufig entwickelt hätten, das heißt, die sich 'spontan' aus einem ursprünglichen SVO-System heraus in ein SOV-System wandelten. Der Wandel, der zu SVO führt, ist offenbar eine 'Einbahnstraße'. Diese Asymmetrie verträgt eine Erklärung.

Zu dieser Erklärung gehört auch die Abgrenzung von fälschlich als SVO kategorisierten Sprachen. Die Legitimation solcher Fehlkategorisierungen beruht in solchen Fällen meist bloß darauf, dass Subjekt < Verb < Objekt in der fraglichen Sprache eine frequente Abfolge bildet, neben anderen Abfolgen. Unter den indogermanischen Sprachen sind das etwa die slawischen Sprachen. Diese Sprachen sind aber keine SVO-Sprachen, sondern repräsentieren einen dritten Typus, neben SOV und SVO. Die slawischen Sprachen teilen keine der relevanten grammatischen Eigenschaften mit SVO Sprachen. Dass sie fehlkategorisiert werden zeigt aber, dass sie zumindest eine Eigenschaft teilen – S < V < O als zulässige Abfolge – und das ist auch für den Grammatikwandel hin zu SVO ein relevantes Moment.

SVO unterscheidet sich von SOV und dem dritten Typus in einer wesentlichen Eigenschaft, und das macht es zu einer Konvergenzzone und einen Endpunkt im Grammatikwandel. Eine SVO-Grammatik ist eine Grammatik in der die grammatischen Funktionen der Aktanten strukturell anstatt morpho-syntaktisch konstituiert sind. Damit einher geht der typische aber nicht erzwungene Abbau von morpho-syntaktischen Kodierungen in SVO Sprachen. Letztlich aber verbirgt sich dahinter eine Funktionsverschiebung in der Sprachverarbeitung, weg von einer kennzeichnenden und hin zu einer strukturellen Kodierung. Letztere ist neuro-kognitiv präferiert und daher ein asymmetrischer Drift-Faktor im diachronen Wandel.