Titel: Der Prädikatskomplex im Deutschen

Beschreibung:

In der Vorlesung wird eine kurze Einführung in die Theorie der Head-Driven Phrase Structure Grammar (HPSG) gegeben. Die Repräsentation von Beschreibungen linguistischer Objekte mit Hilfe von Merkmalstrukturen wird erklärt. Daran anschließend wird auf spezifische Probleme der Behandlung des deutschen Prädikatskomplexes eingegangen. Dazu gehören die Trennung von Argumenten von ihrem Verb wie in (1), die Permutation von Argumenten verschiedener Verben wie in (2) und das sogennannte Fernpassiv wie in (3).

(1) weil er das Lied wird singen müssen.

(2) weil er es ihm zu lesen versprochen hat.

(3) Ein Märchen erzählen wird er seiner Tochter müssen.

(4) weil der Wagen zu reparieren versucht wurde.
In (1) hat eine Umstellung des finiten Verbs stattgefunden, wodurch das Lied von seinem Verb (singen) getrennt wird. Die normale Abfolge der Verben im Deutschen ist die in (5), die Abfolge in (1) ist jedoch alternativ möglich und in gewissen Konstellationen sogar zwingend (6).
(5)    weil er das Lied singen müssen wird.

(6) a. weil er das Lied hat singen müssen.
    b. * weil er das Lied singen müssen hat.
In (2) ist das Komplement von lesen (es) durch das Komplement von versprechen (ihm) von seinem Kopf getrennt. Prinzipiell sind alle drei Anordnungen der nominalen Argumente von lesen und versprechen möglich. Der Verbalkomplex zu lesen versprochen hat verhält sich in bezug auf die Umstellbarkeit der von den beteiligten Verben abhängigen Elemente wie ein einfaches Verb (z.B. geben).

In (4) steht das Akkusativobjekt von reparieren im Nominativ. Dieses sogenannte Fernpassiv kann man ebenfalls dadurch erklären, daß man annimmt, daß zu reparieren versucht einen komplexen Kopf bildet, der dann insgesamt passiviert wird. Die formale Behandlung einiger dieser Phänomene wird in der Vorlesung vorgestellt.

Voraussetzungen: Wissen über Phrasenstrukturgrammatiken und über den Formalismus der (getypten) Merkmalsturkturen

Literatur:

Folien:


St. Mü. (Stefan.Mueller@dfki.de)
Erzeugt am 24.04.2002, zuletzt geändert am 12.04.2010.